Luzides Leben
- Lukas Zenk
- 9. Dez.
- 11 Min. Lesezeit
(Musik: Hey Ma, Sari Seramor)
Er wacht in seinem Traum auf. Er war mitten in seinem nächtlichen Schlaf, den fortlaufenden Gedanken und Gefühlen. Doch dann wunderte er sich. Er blickte sein Gegenüber im Restaurant an. Eigentlich war alles normal. Er hatte seinen Freund schon lange nicht mehr gesehen. Es war ein angenehmes, vertrautes Gefühl, mit ihm an einem Tisch zu sitzen. Schon nach kurzer Zeit fühlte er sich mit ihm verbunden und besprach mit ihm auf einer tieferen Ebene, wie er sein Leben führt, was ihm widerfahren ist und was er in der Zukunft vorhat. Aber im Traum ist die Zeit anders. Vor allem war es das grundlegende Gefühl, das ihn verwunderte. Das Restaurant wirkte vertraut, obwohl er noch nie dort gewesen war. Die Speisekarte war nur ein dünnes Blatt, eine transparente Folie, durch die man hindurchblicken konnte. Er hatte schon viele Jahre lang geübt, in seinen Träumen aufzuwachen und zu erkennen, dass er träumte. Und hier waren die subtilen Hinweise, auf die er achtete. Er blickte auf die digitale Uhr an der Wand, schloss die Augen und öffnete sie wieder. Die Zeit, 13:24 Uhr, hatte sich in 14:18 Uhr verändert. Reality-Checks. Im Traum gab es keine Objektkonsistenz. Imaginierte Objekte änderten sich, wenn man kurz die Augen schloss und wieder öffnete – vor allem digitale Medien. Und so erwachte er in seinem Traum. Sein luzider Traum begann.
Er hatte dieses Erwachen schon oft erlebt. Als er zum ersten Mal erwachte, probierte er alles aus, was einem in „wilden Träumen” zuerst in den Sinn kommt. Er rannte durch Wände, die zerbrachen, sprang von Hochhäusern, ohne sich zu verletzen, flog über Städte und erlebte sexuelle Fantasien mit imaginierten Frauen. Erst später wuchs seine Neugier über die konkreten sinnlichen Erfahrungen und die filmische Vorstellung. Er begann, die Traumwelt zu erforschen. Wie echt alles wirkte. Sie wirkte wie ein Computerspiel, aber mit lebensechter Grafik. Es war tatsächlich die visuelle und auditive Wahrnehmung, die er auch im echten Leben empfand. Es wirkte alles unglaublich echt, obwohl ihm bewusst war, dass er eigentlich in seinem Bett lag.
Er ging lange eine Straße entlang. Währenddessen öffnete er alle seine imaginativen Sinne. Er roch die neblige Luft und hörte jedes Geräusch um sich herum. Wie deutlich er das Auto wahrnahm, das an ihm langsam vorbeirauschte. Seine Finger glitten an einer Hauswand entlang und er spürte jedes kleine Stück der Fassade, das über seine Finger strich. Ihm wurde der Schatten seines Körpers bewusst, der ihn mit langen Schritten verfolgte. Er nahm eine Zeitung, die mit chinesischen Schriftzeichen bedruckt war. In seinem luziden Traum konnte er sie lesen, obwohl er wusste, dass er die chinesischen Schriftzeichen nicht kannte. Es war ein ganz eigenes Gefühl, Chinesisch zu verstehen, ohne es wirklich verstehen zu können. Gefühltes Wissen.
Und hier war er nun. Im Restaurant mit seinem Freund. Alles war wieder so deutlich und klar wie immer. Er bemerkte, wie sein Unterbewusstsein wieder versuchte, ihm einzureden, dass der Traum real und kein Traum war. Das versuchte es immer. Der Gedanke, dass die Uhr vielleicht nur einen Defekt hatte. Oder dass das Restaurant aus Nachhaltigkeitsgründen andere Speisekarten nutzte. Die imaginierten Personen, die sich völlig normal verhielten. Warum das Unbewusste versuchte, dem Bewusstsein einzureden, dass es kein Traum sei, hatte er bisher noch nicht herausgefunden. Er sah seinen Freund an, der völlig normal wirkte. Eigentlich müsste er doch wissen, was sein Freund ihm gleich sagen würde. Immerhin war es seine eigene Vorstellung. Er konzentrierte sich und versuchte, sich in ihn hineinzuversetzen. „Warum schaust du so nachdenklich?“, fragte dieser ihn. Diese Frage hatte er nicht antizipieren können. „Ich habe versucht, deine Gedanken zu lesen”, antwortete er ihm. Sein Freund lachte. „Warum solltest du das können? Bist du jetzt Gedankenleser geworden?" Und da war er wieder. Der Versuch seines Unbewussten, ihn in ein Gespräch zu verwickeln, in dem er wieder in den unbewussten Traum eintauchte. Aber er ließ sich nicht beirren. Er wollte bewusst und wach bleiben.
Als das Essen serviert wurde, kostete er es. Es schmeckte hervorragend, ohne dass er einen tatsächlichen Geschmack identifizieren konnte. Er hatte das Gefühl oder die Vorstellung eines guten Geschmacks, aber nicht die eigentliche sinnliche Erfahrung. Er atmete tief ein und aus. Ob er in echt wohl auch gerade ein- und ausatmen würde? Ohne eine konkrete Vorüberlegung stellte er sich spontan auf seinen Stuhl. Sein Freund schaute ihn verdutzt an. „Was machst du da?”, fragte er ihn verwundert. Auch die anderen Gäste begannen, ihn anzusehen. Er spürte, wie Scham in ihm aufstieg. Er war sich bewusst, dass er träumte. Er wusste, dass er sich in seinem eigenen Traum, seiner eigenen Fantasie befand, und doch fühlte er Scham wie im echten Leben. Er stellte sich mit der Fußspitze auf die Stuhllehne, drehte sich einmal um die eigene Achse und vollführte einen Rückwärtssalto hinunter. Die anderen Gäste waren überrascht, manche öffnete ihren Mund vor Erstaunen, einige klatschten, eine junge Kellnerin lächelte ihn an. Er gab ihr einen kurzen Kuss auf den Mund und setzte sich wieder hin. „Ich wusste gar nicht, dass du so akrobatisch bist”, sagte sein Freund begeistert. Es war seine eigene Fantasie und doch war sie eingebettet in seine alltägliche Vorstellung und Erfahrung. Seine Imagination von Erfolg, Bewunderung, Attraktion und freundschaftlicher Nähe. „Ich habe mir einfach vorgestellt, dass ich es kann”, entgegnete er seinem Freund. Als er begann sich zu erklären, holte ihn sein Unbewusstes wieder in seinen Traum zurück und er schlief weiter. Es war geschickt.
Erst als er am Morgen in dem Bistro unter seiner Wohnung den ersten Schluck Kaffee trank, erinnerte er sich wieder an seinen luziden Traum. Er lächelte. Es war ein intensiver Traum. Er erinnerte sich an das Gefühl der Leichtigkeit. Er hielt Ausschau nach einer digitalen Uhr, um einen Reality-Check durchzuführen. Vielleicht war er wieder in einem Traum. In luziden Träumen wacht man manchmal im nächsten Traum auf. Er nahm das Handy aus seiner Tasche. Es zeigte 7:43 Uhr. Er schloss die Augen, öffnete sie wieder: 7:44 Uhr. Er grinste. Liebes Unbewusstes, das warst diesmal nicht du. Er schloss die Augen, öffnete sie wieder und es war immer noch 7:44 Uhr. Kein luzider Traum. Es war reiner Zufall, dass genau in diesem Moment die nächste Minute begann. Er versuchte, seinen Finger durch den Handballen zu bewegen, ein weiterer Reality-Check, aber es gelang ihm nicht. Wirklich kein Traum. Diesmal würde er nicht auf den Stuhl steigen und die Kellnerin küssen.
Er bestellte sich ein weiteres Croissant. Während er es unbewusst kaute, kehrte sein Bewusstsein zurück. Wie schmeckte eigentlich ein Croissant? Mit voller Aufmerksamkeit schmeckte er es. Und plötzlich geschah etwas. Es war nicht wirklich beschreibbar. Es war eine völlig neue Geschmacksqualität. Sein Gedanke sagte ihm: „Croissant” im „Bistro”. Doch hinter diesen Wörtern erspürte er etwas völlig Neues. Es war pur und direkt. Es war ein Gefühl hinter der Sprache. Es war un-be-schreib-lich. Seine Gedanken kreisten um diese Erkenntnis, ohne dass er sie fassen konnte. Er schmeckte das Croissant, ohne an den Begriff „Croissant” zu denken. Nicht einmal „Geschmack“ dachte er mehr in seinem Kopf. Es war das direkte Erleben, als ob er mit jeder einzelnen Geschmacksknospe wahrnehmen konnte.
Das Feuern aller Neuronen ließ ihn diese Qualia erspüren. Wie Adrenalin spürte er den kalten Schauer, der ihm vom Kopf über den Nacken und den Rücken glitt. Seine Hände zitterten. Er spürte den Schweiß auf seinen Händen. Die Gänsehaut auf seinen Unterarmen. Es ging nicht um das Geschmackserlebnis. Seine Sinne öffneten sich, als ob sie zum ersten Mal erwachten. Seine Pupillen weiteten sich und plötzlich sah er die Welt um sich herum. Die Farben zeigten sich in unglaublicher Schönheit vor ihm, in Formen und Gestalten. Wie in seinem Traum, als er vor dieser Computergrafik staunte, sah er sie nun. Es eröffnete sich ihm die Welt von Neuem. Alles war so klar und deutlich wie noch nie zuvor. Und dann hörte er die Geräusche. Die Stimmen der Menschen, die vor dem Restaurant entlanggingen, das Fahrrad, das freundlich klingelte, um vorbeizukommen, das Schnüffeln des kleinen Hundes neben der offenen Tür und der Wind, der sanft durch den Raum zog. „Das luzide Leben“, ging ihm plötzlich durch den Kopf. Mit offenen Augen und Mund spürte er, wie alle Sinneseindrücke ihn beeindruckten. Sie strahlten in ihn hinein. Lichtdurchflutet.
Es war, als würde er zum ersten Mal das Fenster in einer düsteren, dunklen, verstaubten Wohnung öffnen. Die grellen Lichtstrahlen und der frische Wind, der den Staub herumwirbelte, als er das knarrende Fenster öffnete. Der Duft von Leben drang in die muffige Wohnung ein und durchflutete den Raum wie frühlingshafte Musik. Die Staubkörner, die grantig erwachten. Mit dem Blick auf das grelle Licht und den störenden Wind, der ihre Winterdepression störte. Und dann das Entsetzen, dass ihr Winterschlaf vorüber war. Ein weiterer Windstoß katapultierte das Staubkorn aus der Wohnung, mitten hinein in den ewigen Wind, weit weg von der so liebgewonnenen, traurigen Wohnung. Mit einer letzten Träne verabschiedete sich das Staubkorn und machte sich auf die Suche nach der nächsten verstorbenen Wohnung. Die alte Wohnung veränderte sich. Staubsauger, Wischmopps, frisches Wasser mit Seifenlauge, Fensterreiniger. Die oberste Schicht des Parkettbodens wird weggerieben, das Alte zerstört, damit das Neue zum Vorschein kommt. Die alten Möbel werden entfernt. Die alten Bilder vom Leben abgehängt. Eine neue Tür mit neuem Schlüssel wird eingebaut. Die Leitungen neu verlegt, um auch in der Nacht Licht zu erhalten. Der Rost von den Wasserleitungen entfernt. Eine neue Küche, um Nahrung zu kochen. Eine völlig neue Wohnung, lichtdurchflutet, frisch, bereit für neues Leben. Vielleicht zieht eine junge Familie ein. Mit Kindern und einem Hund.
„Möchten Sie noch einen Kaffee?”, fragte ihn die junge Kellnerin. Er blickte sie an und spürte eine tiefe, berührende Emotion in sich aufsteigen. „Darf ich Sie kurz umarmen?”, fragte er sie, ohne zu überlegen, wie sie diese Frage aufnehmen würde. Sie wirkte verdutzt. Doch in seiner Stimme klang so viel Wärme und Freundlichkeit mit, dass sie nur lautlos mit dem Kopf nickte. Er stand auf und nahm sie behutsam in den Arm. Wie warm sich ihr Körper anfühlte. Sie umarmte ihn ebenfalls und musste plötzlich leise weinen. Er hielt sie. Emotional. Nach einer Weile ließ er sie wieder los. Sie wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. Ohne ihn anzublicken, sagte sie leise „Danke” und ging zurück in die Küche. Er stand da. Mitten im Bistro. Er schüttelte langsam den Kopf, als ihm sein nächster Gedanke bewusst wurde. Er stellte sich wie im Traum auf den Stuhl. Er atmete tief ein und aus. Eine Mutter mit ihrer Tochter, die in einer Ecke saßen, sahen ihn verwundert an. Das Kind lächelte und wollte sich ebenfalls auf den Stuhl stellen, doch seine Mutter verbot es ihm. Er fühlte keine Scham. Anstatt einen Rückwärtssalto zu versuchen, stieg er wieder vom Stuhl, bezahlte und verließ das Restaurant.
Er ging lange eine Straße entlang. Währenddessen öffnete er alle seine imaginativen Sinne. Er roch die neblige Luft und hörte jedes Geräusch um sich herum. Wie deutlich er das Auto wahrnahm, das an ihm langsam vorbeirauschte. Seine Finger glitten an einer Hauswand entlang und er spürte jedes kleine Stück der Fassade, das über seine Finger strich. Ihm wurde der Schatten seines Körpers bewusst, der ihn mit langen Schritten verfolgte.
Er betrat einen Park und setzte sich auf eine Parkbank. Mit offenem Mund nahm er sich und seine Umwelt wahr. Es war, als ob er das erste Mal tatsächlich aufgewacht wäre. Er spürte, wie sein Unbewusstes ihn wieder in das normale Leben zurückführen wollte. Doch er wollte erwacht bleiben. Er ließ die Gedanken an sich vorbeirauschen und blieb im Staunen über das Leben. Es war einfach wunderschön. Es war wunderschön, ohne das Konstrukt "wunderschön" zu denken, was es sei, was es nicht sei und wie es für andere Menschen zu beschreiben sei. Er spürte das an sich "Wunderschöne" des Lebens. Immer wieder versuchten seine Gedanken, seine Aufmerksamkeit zu erlangen. Sie waren grandiose Verführungskünstler. Satori kam als Wort in seine Gedanken. Hier und Jetzt. Doch sie verdampften wie Wasser, das zu nahe an die glühende Sonne kam. Zuerst war es noch Wasserdampf, doch kurze Zeit später war es nicht mehr vorhanden. Die Wahrheit der Sonnenstrahlen durchdrang alles. So wie seine Wahrnehmung, die durch seine Gedanken hindurch in sein Erleben einfloss. Es war kein bewusster Prozess, kein Versuch einer Meditation, sondern direktes Erleben. Alle seine Fenster und Türen waren geöffnet und ließen alles herein, ohne dass es anklopfen musste. Er war offen für das Sein und erspürte es, ohne daraus einen Blog schreiben zu wollen.
In seinen Träumen durchwanderte er oft seine Traumwelt, um sie zu erforschen. In seinem luziden Leben spürte er jedoch keinen Drang, etwas Zusätzliches erfahren zu müssen. Er saß einfach nur auf der Parkbank. Und das erfüllte ihn bereits in vollen Zügen. Wie der Fluss von Siddharta? Es war so viel und so intensiv, dass er nur strahlen konnte. Irgendwann schlossen sich seine Augen. Er atmete tief ein und aus. Nicht, weil er es wollte, sondern weil es sich ergab. Es atmete ihn ein und aus. Er spürte sich als Lebe-Wesen. Seine Lunge, die Luft in den Körper sog. Sein Herz, das unaufhörlich pumpte und Lebensenergie erzeugte. Doch er dachte nicht an die biologisch-medizinischen Konzepte. Er ging nicht sein Fachwissen durch, wie er lebte. Er spürte die Luft in sich. Er spürte das Blut in sich fließen. Er spürte, wie jede Zelle in seinem Körper lebte, sich bewegte, wie seine Haare wuchsen, wie sein Körper sich selbst regulierte, verdaute, balancierte, Emotionen erzeugte und mit sich selbst und allem verbunden war. Er war völlig in sich selbst und in der Welt eingebettet. Wie in seinem luziden Traum, in dem er seine Welt und die Welt er war, spürte er diese Eingebundenheit auf der nächsten Ebene seines Lebens. Alles war seine Wahrnehmung und Sein, und gleichzeitig war es nie sein Eigen. Das Erleben war zeitlos.
Als er wieder die Augen öffnete, saß er gegenüber von seinem Freunde in einem Restaurant. Er hatte seinen Freund schon lange nicht mehr gesehen. Es war ein angenehmes, vertrautes Gefühl, mit ihm an einem Tisch zu sitzen. War er in seinem Traum? War er in seinem Leben? War er luzid? Er konnte nicht anders, als zu strahlen. Innerlich. Er war tief verbunden mit sich selbst und mit der Welt. Mit dem Traum und mit dem Leben. Schon nach kurzer Zeit fühlte er sich mit ihm verbunden und besprach mit ihm auf einer tieferen Ebene, wie er sein Leben führt, was ihm widerfahren ist und was er in der Zukunft vorhat. Es hatte sich nichts verändert und doch alles.
Perspektive
Die Geschichte handelt von einem Menschen, der die Kunst des luziden Träumens perfektioniert hat und dabei eine unerwartete Entdeckung macht. Er kennt die Reality-Checks, die Objektinkonsistenz und das Spiel zwischen Bewusstsein und Unbewusstem. Doch während er in seinen Träumen die Kontrolle ausübt, ahnt er noch nicht, dass diese nächtliche Wachheit nur die Vorbereitung für ein tieferes Erwachen ist. Sein Unbewusstes zeigt sich als raffinierter Verführer, der ihn sowohl im Traum als auch später im wachen Leben in automatische Muster zurückziehen möchte. Selbst im luziden Traum empfindet er Scham, als er auf dem Stuhl steht, gefangen in seinen alltäglichen Vorstellungen. Seine Imagination bleibt in den vertrauten Strukturen seiner Erfahrung eingebettet. Der eigentliche Durchbruch geschieht erst am nächsten Morgen im Bistro.
Als er das Croissant mit voller Aufmerksamkeit schmeckt, fällt die konzeptuelle Schicht weg. Das Wort verschwindet, der Begriff löst sich auf und er erlebt plötzlich pure Qualia, direktes Erleben ohne sprachliche Überformung. Seine Sinne öffnen sich wie das Fenster in der verstaubten Wohnung, durch das grelle Lichtstrahlen und frischer Wind eindringen. Die Staubkörner erwachen grantig aus ihrem Winterschlaf und wehren sich gegen das Licht, das ihre liebgewonnene Tristesse stört. Diese Metapher enthüllt, wie sehr unser gewöhnliches Bewusstsein einem unbewussten Traum gleicht. Die vollständige Renovierung der Wohnung symbolisiert die radikale Transformation des Bewusstseins. Das Alte muss losgelassen werden, damit das Neue zum Vorschein kommen kann.
Was dann folgt, ist kein bewusster Prozess, sondern direktes Erleben. Er geht dieselbe Straße entlang wie zuvor im Traum, doch nun mit einer Intensität, die alles übertrifft. Seine Gedanken versuchen, ihn zurückzuziehen, doch sie verdampfen wie Wassertropfen an der glühenden Sonne. Die Geschichte handelt von der Möglichkeit eines luziden Lebens, einem Zustand vollkommener Präsenz im Alltag. Die zirkuläre Struktur, die mit demselben Restaurantbesuch beginnt und endet, offenbart die paradoxe Wahrheit. Als er wieder seinem Freund gegenübersitzt, kann er nicht mehr zwischen Traum und Leben unterscheiden. Es hat sich nichts verändert und doch alles. Wahres Erwachen bedeutet nicht, aus dem Schlaf aufzuwachen, sondern aus einer unbewussten Lebensweise. Es ist eine literarische Meditation über die Möglichkeit, das gewöhnliche Leben als außergewöhnlich zu erfahren, ein Zustand, den spirituelle Traditionen oft als Erleuchtung oder Satori beschreiben.

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